Samstag, 30. April 2011

34/ Mein Beitrag zur Deutsch-Französischen Freundschaft


Nach dem aufregenden Kundenbesuch war mehr Zeit mich ausführlich mit meinem neuen Nachbarlands-Kollegen zu beschäftigen. Neugierig wie ich bin, überschüttete ich ihn mit Fragen.
Eigentlich ist er aus dem gleichen Grund hier wie ich. Seine Freundin hat einen Praktikumsplatz in Mangalore bekommen. Deshalb suchte er ebenfalls nach einer Firma dort. Leider wurde er nicht fündig. Durch das Business-Netzwerk LinkedIn ist er auf die Firma MDS aufmerksam geworden. Er hatte genau eine Woche Zeit, um alles zu organisieren wie Visa, Flug usw. Bedingung war nämlich, dass er pünktlich zum großen europäischen Kundenbesuch kommt, weil auch Franzosen dabei sind.
Ja, nun ist er hier, aber seine Freundin noch in Frankreich. Sie kommt erst einen Monat später – der Arme. Jetzt ist er also ganz allein, aber ich versuche ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Schließlich soll er einen guten Start in seiner neuen exotischen Heimat haben.

Guillaume ist seit einer Woche hier, hat aber noch nichts gesehen und kennen gelernt. Da habe ich vorgeschlagen ihm Manipal zu zeigen. Nach der Arbeit gingen wir gemeinsam zu seiner Unterkunft, dem Guest House der Manipal Press und MDS. In einem Monat muss er aber eine neue Bleibe gefunden haben. Das Guest House befindet sich 15 Minuten Fußweg von MDS entfernt. Zum Glück läuft er gerne und kann sogar mit meinem Tempo mithalten.
Ganz ungewohnt wirkt diese beschauliche, ruhige Gegend mit den vielen hübschen bunten Häuschen. Das Guest House ist das luxeriöseste Haus, das ich bis jetzt auf indischen Boden betreten habe. Gemälde und Kunststatuen zieren die Räume. Der Flachbildfernseher, der Glastisch, die blitzblanken glatten Fliesen und das schwarze Ledersofa wirken wie aus dem Katalog eines großen Möbel- und Einrichtungshauses. Es gibt auch eine Art Hausmeister oder besser gesagt „Mädchen-für-alles“. Während Guillaume sich frisch machte, führte dieser mich stolz durchs ganze Haus. Er öffnete alle Türen zu den teilweise bewohnten Schlafzimmern für mich und erzählte begeistert, ob da nun eine oder zwei Personen drin schlafen können. Dann stellte er mir ein Glas Wasser auf den Glastisch und fragte gleichzeitig, ob ich einen Chai oder Kaffee haben möchte. Bei Chai kann ich einfach nicht nein sagen. So hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit bei der Zubereitung eines echten Chais zuzusehen. Aus einem Plastebeutel kippte er Milch in einen Topf; fügte noch etwas Wasser hinzu. Das kochte er mit dem Tee auf. Nachdem es durch ein Sieb gegossen und mit viel Zucker angereichert wurde, war meine Tasse Chai trinkbereit. Manchmal war der Chai hier schon so süß und farblich schokobraun, dass ich es glatt für einen Kakao gehalten hätte.

Danach fuhren Guillaume und ich zum Tiger Circle, wo Martin bereits auf uns wartete. Er hatte vorher noch verzweifelt versucht seine pdf-Dateien in einem kleinen Copyshop ausdrucken zu lassen. Es konnte sich nur um Stunden handeln bei den langsamen PCs.

Erkennungsmerkmal des Tiger Circles: der Springbrunnen

Am TC zeigten wir ihm den großen Supermarkt, worin sich hauptsächlich Frauen befinden, die mir immer hinterher laufen, um zu überwachen, dass ich ja nichts klaue oder was ich so einkaufe. Meine Tasche muss ich übrigens vorne in einem offenen Regal ablegen. Dann genossen wir den billigsten Bananenshake am Platze für nur 12 Rupien in unseren Lieblings-Saftladen. Wir zeigten unserem Franzosen die Fastfood-Tische sowie die Obst- und Gemüsestände. Dann hielten wir an der Manipal Bakery. Das ist die größte, die ich hier kenne, aber immer noch klein im Gegensatz zu den Bäckereien in Udupi. Alle haben etwa das gleiche Angebot; am meisten vergötter ich die Kekse in den großen Gläsern. Wir liefen die Straße weiter und kamen an den altbekannten Fischfrauen vorbei. Man kann sie sogar riechen, wenn sie nicht dort sitzen.





Delikatesse: Fisch mit Fliegen besetzt ;)
Eines meiner typisch-indischen Lieblingsbilder

Dann bogen wir rechts zum MIT ab. Unser Student Martin führte uns durch das Unigelände und sein Institut. Es ist das älteste und hässlichste. Die kleinen einfachen Räume erinnern an Schule, im Innenhof gibt ein Stückchen Grün. Am Eingang prangt eine Büste des Gründers der Universität.

Haupteingang zum Manipal Institute of Technology

Dann liefen wir weiter zum Food Court, der Platz für 1.200 hungrige Menschlein bietet. Sie haben eine Maschine speziell zur Herstellung von Roti, die ungefähr 2.500 Stück pro Stunde schafft. Roti sind die billigsten und nicht so leckeren Teigfladen, die Indien zu bieten hat.
Zum Abendbrot gab es das, was es immer gibt, aber meinen beiden Männern schmeckte es. Guillaume isst sogar gerne scharf, nur bei original-indischen Chilly-Gerichten muss selbst er passen. Für mich steht jetzt jedenfalls fest, dass ich nicht noch mal im Food Court abends oder mittags essen werde. Es ist einfach zu scharf für mich, so dass ich das Essen gar nicht richtig genießen kann und nicht viel runter bekomme. Mich dort auf Dauer nur von Chips und Curd (weißer Joghurt) zu ernähren, ist auch nicht das Wahre. Dann lieber dort schön frühstücken. Aber einmal in der Woche sonntags reicht, da man von einem abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährungsplan nicht sprechen kann.
Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich jeden Tag drei warme Mahlzeiten zu mir nehme zzgl. andere Kleinigkeiten. Nur weil in einem Land wie Indien viele Menschen hungern, muss das ja noch lange nicht heißen, dass man hier gut abnehmen kann ...


Noch was zu Guillaume: Der hat es ja ganz klug angestellt und sich von seiner Universität für die Samstage freistellen lassen. Echt gemein, er hat zwei Tage Wochenende. Was ich mit einem Tag mehr noch alles erleben könnte. Vielleicht ist es gut so, denn ich komme kaum hinterher alles in Blogs zu verfassen.
Jedenfalls gönne ich es Guillaume; schließlich wird er immer zwischen Manipal und Mangalore pendeln müssen.

Und er ist auch der Meinung, dass es oft frustierend ist, wenn die Inder immer in einer ihrer vielen Sprachen sprechen.  Wir hätten gedacht, Englisch sei hier ein gängigeres Kommunikationsmittel.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen