Sonntag, 17. April 2011

29/ Goa - Tag 2


Montag 8.00 Uhr. Martin und ich schlummerten noch seelenruhig und holten verpassten Schlaf nach. Plötzlich riss uns ein aggressives lautes Hämmern an der Tür aus unseren Träumen. Erst versuchten wir es zu ignorieren, aber es wurde penetrant weiter gegen die Tür geschlagen. Unter nervtötender Beschallung zog sich Martin etwas über und reißt dann wutentbrannt die Tür auf: „Are you crazy?“. Ein kleines Männchen schaute mit großen dunklen Augen nach oben und verkündete, dass 9.00 Check Out ist. „Das wissen wir!!!“ Rumms...Tür zu.
Schon am frühen Morgen total entnervt - der Tag geht ja gut los. Da standen wir also früh um 9 auf den Straßen Panajis und fragten uns nach einem großen Elektronikgeschäft durch. In dieser Stadt hatte man vielleicht noch am ehesten die Chance fähige Menschen zu finden, die meine Kamera wieder reparieren können. Mit dem Bus fuhren wir Richtung Markt und fragten in einem kleinen Fotogeschäft nach. Der Besitzer erklärte uns den Weg zur „Cam Clinic“. Als das Geschäft kurz vor 10 noch zu hatte, gingen wir erstmal in das gegenüberliegende „Public Cafe“ frühstücken. Das köstliche indische Frühstück zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht. Es gab meine geliebten Sweet Buns, die extrem gelb ausfielen - dazu Chai, Kaffee und Parota mit Kartoffelsoßen. Wir hatten auch einen „tomato salad“ bestellt. Als er nicht kam, fragten wir noch einmal nach und wiederholten unsere Bestellung. Dann kam nochmal genau die gleiche warme braune Soße, die wir vorher zum Parota gegessen hatten. Das war also ein indischer „tomato salad“ – also kein frischer knackiger Salat zum Frühstück. Die können hier soviele leckere Früchte und Gemüsesorten anbauen, aber gesund essen sie trotzdem nicht. Zuletzt stolperte noch ein Kellner und kippte die Soßen auf meinen Rucksack.

Gestärkt gingen wir dann zur Cam Clinic. Der Mann schien sehr kompetent zu sein und erklärte uns im besten Englisch, dass es einen Kurzschluss gegeben hätte. Er würde versuchen die Kamera zu reinigen und fügte noch hinzu, dass Samsung aber einen schlechten Kundenservice hätte. Ab um 3 sollten wir ihn dann noch mal anrufen und nach dem Ergbnis fragen. Meine geliebte Kamera wusste ich jetzt in guten Händen, so konnten wir uns auf die Suche nach einem neuen, besseren Hotel machen. Mein Chef hatte mir noch gesagt, dass es in Goa „cheap hotels“ und „nice hotels“ gibt – wir sollen auf jeden Fall ein „nice hotel“ nehmen. Das sagt sich so schön leicht. Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach war ein neues Zimmer zu finden. Mehrere nette saubere Hotels in unserer Preisklasse waren komplett belegt. Etwas verzweifelt betraten wir ein teures Hotel. Die gingen sogar noch um die 1.000 Rupien in ihrem Preis runter – aber es war immer noch viel mehr, als wir ausgeben wollten. Erschwerend kam hinzu, dass ich bei unserer Suche durch die Straßen hüpfen musste, um schnell wieder ein Stück Schatten zu erwischen. Von unserem Strandtag hatte ich mir Verbrennungen an Fingern, Unterarmen, Waden und Stirn geholt. Da ich nur kurze Klamotten mithatte, konnte ich diese Stellen schlecht abdecken. Martin hatte es nicht besser – er musste zwei Rucksäcke gleichzeitig schleppen.
Langsam gaben wir die Hoffnung auf und bogen in eine kleine unbelebte Seitenstraße. Und was entdeckten wir da? Die Touristeninformation! Indische Städte sind ja mit Schildern zugekleistert – nur die wirklich wichtigen fehlen. Wir erklärten dem Mann unser Problem mit den Hotels. Er sagte, dass es in dieser Preisklasse schwierig ist hier etwas Gutes zu finden. Dann telefonierte er und empfahl uns anschließend ein Hotel in „Old Goa“. Das kam uns sehr gelegen, denn wir hatten heute sowieso vor dorthin zu fahren und die Kirchen zu besichtigen.
Der Mann gab uns noch Karten und Broschüren mit – ohne die und ohne Internet ist man hier echt aufgeschmissen. Ein kleines Heftchen war sogar auf Deutsch. Darin stand: „Willkommen in Goa, dem Land der goldenen Strände, wogenden Kokosnusspalmen und köstlichen Kochkunst. Goa ist der perfekte Ort für einen erholsamen Urlaub und bietet Ihnen eine warme und freundliche Atmosphäre“. Bitte entschuldigt, wenn das in meinen bisherigen Ausführungen noch nicht so rüber gekommen ist.
Von wegen Spontanität – wer plant, gewinnt. Hätten wir die Broschüren zwei Tage früher gehabt, wäre alles bestimmt etwas anders verlaufen. Aber spätestens jetzt konnte der schöne Teil unseres Urlaubs beginnen, ... oder?
Mit dem Bus fuhren wir Richtung Osten ins 10 km entfernte Old Goa. Ich war zum 101. mal traurig, dass ich keine Fotos machen konnte. Unser Hotel nannte sich Old Goa Residency. Ich glaube, es war auch das einzige, was ich dort gesehen hatte, da die Gegend bis auf die zwei großen Kirchen nichts erlebnisreiches zu bieten hatte. Aber ich genoß die Ruhe des Ortes und war schon von dem Empfangsgebäude unseres Hotels sehr angetan. Es handelte sich hier um ein staatliches Hotel und alles war sehr schick. Gerade mal 100 Rupien mehr als bei den anderen „Hotels“ mussten wir hinblättern. Nach dem Papierkram wurden wir in unser Zimmer geführt. Ich war positiv überrascht und fühlte mich gleich wohl. Es lagen sogar weiße Handtücher auf dem Bett - trotzdem noch weit entfernt vom deutschen Standard. Das Bad war zumindest besser als in den Hotels davor. Aber Klopapier sollte auf Reisen durch Indien immer Begleiter sein, denn auch in diesem Hotel gab es keines – dafür ein Eimer mit Wasser.
Leider war dies schon unsere letzte Nacht in Goa. Bei unserem nächsten Trip wollen wir nur noch in staatliche Hotels gehen.
Nun war es an der Zeit für Sightseeing. Ausländische Touristen und indische Pilger kommen in Scharen hierher - sei es, um die gigantischen Fassaden und vergoldeten Altäre der gut erhaltenen Kirchen zu bewundern oder um zum Grab des heiligen Franz Xaver, des berühmten Missionars aus dem 16. Jahrhundert, zu pilgern, dessen sterbliche Überreste in der Basilica do Bom Jesus aufbewahrt werden. Dieser tote Mann war ehrlich gesagt der einzige Grund, warum wir hierher wollten. Unsere indischen Freunde hatten uns von ihm erzählt und gesagt, dass er Jahr für Jahr kleiner wird. Bevor er ganz weg war und die Welt unterging, wollten wir den auch noch mal sehen. Die Kirchen, wovon jeder Deutsche in seinem Leben (gezwungenermaßen) schon genug gesehen haben dürfte, waren nicht gerade unser Hauptinteresse.
Wir schlenderten flüsternd durch die große Basilika. Die Menschen rannten mit ihren Kameras durch die Gegend und ich fühlte mich hin und hergerissen. Kein einziges Foto konnte ich machen, aber ich störte auch niemanden mit Blitzlichtgewitter an diesem „heiligen“ Ort. Da fiel mir ein weißes rundliches Ehepaar auf. Mein Gesicht verformte sich, als hätte ich gerade in eine Zitrone gebissen, denn der Mann drehte sich plötzlich zu mir um und ich hatte direkten Blick auf seinen haarigen Bärenbauch. Der trug in einer Kirche ein Hemd ohne einen einzigen Knopf zuzuhaben und präsentierte stolz seine Wampe...bähh. Also ein bisschen mehr Respekt wäre schon angebracht.
Wir besichtigten auch noch die Bilderausstellung oben in der Basilika und schwupps, schon waren wir wieder draußen. Da bildete sich ein symbolisches Fragezeichen über unseren Köpfen. Wo war denn jetzt die Leiche? Naja, vielleicht war sie doch in der anderen Kirche gegenüber.
Wir folgten unserer inneren Stimme und liefen erstmal schnurstracks Richtung Restaurants. Auf dem Weg entdeckten wir einen Fotoladen. Wir gingen hinein, ursprünglich nur, um uns über die indischen Preise für eine vergleichbare Kamera zu informieren. In dieser Kategorie hatten sie nur ein einziges lila Modell von Kodak. Wir probierten alle Funktionen aus, ließen uns noch mal ein billigeres von Sony zeigen und ... wir kauften sie. Zum gleichen Preis, den ich in Deutschland bezahlt hatte - also teuer. Nachdem meine 4 GB SD-Karte nicht mehr machte, was ich sagte, musste ich die auch noch neu kaufen. Ich war jetzt schon einen Tag ohne Kamera auf indischen Boden – länger konnte ich es nun wirklich nicht aushalten.


Die ersten Fotos mit der neuen Kamera

Gegenüber der Basilica of Bom Jesus: Church of St. Francis of Assisi (links) und St. Catherine's Cathedral (rechts)
Church of St. Francis of Assisi

Ich fand das Kleid so toll.

Dann gingen wir auf die andere Straßenseite in die St. Catherine’s Cathedral – die größte Kirche Asiens hat fünf Glocken. Wir liefen alles ab, aber der tote Mann war unauffindbar. Dann fragten wir einen Besucher - der schickte uns wieder in die Basilika. Dort fragte Martin eine junge Frau am Souvenirtisch: „Where is the Mummy?“ Die antwortete spöttisch: „My Mummy is at home!“ Als sie sich vom Lachanfall wieder beruhigt hatte, konnte sie nicht glauben, dass wir den Mann nicht gefunden hätten. Er sei „oben“ ... irgendwo. Nach ein paar weiteren Runden durch die Kirche, entdecken wir den Sarg endlich. Leider ist er soweit oben, dass man so gut wie nichts sieht vom Leichnam.

Vor der Basilica of Bom Jesus
Ohne Worte ;)
"Whoever lives and believes in Jesus will never die." ;)
Die indische Horror-Variante von Jesus
Ganz oben ist der Sarg

Gandhi-Circle

Dann wollten wir noch Postkarten kaufen, damit die lieben Daheimgebliebenen ein kleines Andenken bekommen. Leider scheint es in ganz Goa nur zwei Sorten von Postkarten zu geben – welche mit Kirche oder mit Strand. Aber die ganzflächigen Bilder waren nicht besonders schön und nicht einmal mit einem Schriftzug versehen. Der Verkäufer wollte sie für uns zwar um die Hälfte reduzieren, aber wir lehnten ab.

Als wir wieder im Hotel waren, studierten wir erstmal die vielen Angebote. Morgen sollte es schon wieder nach Hause gehen. Die einzige Möglichkeit noch etwas zu erleben, war eine Sightseeing-Schiffsfahrt namens „River Sunset Cruise“. Da es schon um 6 Uhr losgehen sollte, buchten wir schnell und ab gings wieder mit dem Bus nach Panaji. Wir kamen gerade noch rechtzeitig am Schiff „Santa Monica“ an. An Deck befanden sich jede Menge Touri-Inder, die auf den Plastikstuhl-Reihen Platz genommen hatten. Wir tuckelten eine Stunde lang auf dem Fluss Mandovi und wurden von einem bemühten Unterhaltungsprogramm beschallt. Der „coole“ Moderator wies selten auf Sehenswüridgkeiten hin. Viel lieber bat er Menschengruppen zum Tanzen auf die Bühne – erst die Kinder (zum Lockerwerden), dann Frauen (fürs Auge), Männer (zum Lachen), Pärchen (zum Sonnenuntergang) und schließlich alle. Ich konnte mich immer gut am Bug des Schiffes davor drücken. Zwischendurch führten „Profi-Tänzer“ typische Tänze vor.







Ich hatte auf dem Schiff auch mal wieder (mindestens) einen Stalker. Heimlich beobachtete er mich und wenn ich unauffmerksam schien, zückte er möglichst unauffällig sein Handy. Ich drehte mich aber immer weg oder versteckte mich hinter Martin. Der Stalker schien unbedingt ein Bild mit meinem Gesicht haben zu wollen und gab nicht auf. Er positionierte sich mal da und mal da. Irgendwie fand ich es dann auch fast lustig.
Nach der Schiffsfahrt suchten wir in der Dunkelheit ein Restaurant. Das erste preislich gute Restaurant hatte weder Nudeln noch Parota da. Und Tschüss! Dann kehrten wir in ein etwas teureres Fischrestaurant ein, dabei wollten wir gar nichts aus dem Meer essen. Gesättigt ging es dann „nach Hause“ ins Bettchen.



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