Samstag, 30. April 2011

34/ Mein Beitrag zur Deutsch-Französischen Freundschaft


Nach dem aufregenden Kundenbesuch war mehr Zeit mich ausführlich mit meinem neuen Nachbarlands-Kollegen zu beschäftigen. Neugierig wie ich bin, überschüttete ich ihn mit Fragen.
Eigentlich ist er aus dem gleichen Grund hier wie ich. Seine Freundin hat einen Praktikumsplatz in Mangalore bekommen. Deshalb suchte er ebenfalls nach einer Firma dort. Leider wurde er nicht fündig. Durch das Business-Netzwerk LinkedIn ist er auf die Firma MDS aufmerksam geworden. Er hatte genau eine Woche Zeit, um alles zu organisieren wie Visa, Flug usw. Bedingung war nämlich, dass er pünktlich zum großen europäischen Kundenbesuch kommt, weil auch Franzosen dabei sind.
Ja, nun ist er hier, aber seine Freundin noch in Frankreich. Sie kommt erst einen Monat später – der Arme. Jetzt ist er also ganz allein, aber ich versuche ihm mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Schließlich soll er einen guten Start in seiner neuen exotischen Heimat haben.

Guillaume ist seit einer Woche hier, hat aber noch nichts gesehen und kennen gelernt. Da habe ich vorgeschlagen ihm Manipal zu zeigen. Nach der Arbeit gingen wir gemeinsam zu seiner Unterkunft, dem Guest House der Manipal Press und MDS. In einem Monat muss er aber eine neue Bleibe gefunden haben. Das Guest House befindet sich 15 Minuten Fußweg von MDS entfernt. Zum Glück läuft er gerne und kann sogar mit meinem Tempo mithalten.
Ganz ungewohnt wirkt diese beschauliche, ruhige Gegend mit den vielen hübschen bunten Häuschen. Das Guest House ist das luxeriöseste Haus, das ich bis jetzt auf indischen Boden betreten habe. Gemälde und Kunststatuen zieren die Räume. Der Flachbildfernseher, der Glastisch, die blitzblanken glatten Fliesen und das schwarze Ledersofa wirken wie aus dem Katalog eines großen Möbel- und Einrichtungshauses. Es gibt auch eine Art Hausmeister oder besser gesagt „Mädchen-für-alles“. Während Guillaume sich frisch machte, führte dieser mich stolz durchs ganze Haus. Er öffnete alle Türen zu den teilweise bewohnten Schlafzimmern für mich und erzählte begeistert, ob da nun eine oder zwei Personen drin schlafen können. Dann stellte er mir ein Glas Wasser auf den Glastisch und fragte gleichzeitig, ob ich einen Chai oder Kaffee haben möchte. Bei Chai kann ich einfach nicht nein sagen. So hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit bei der Zubereitung eines echten Chais zuzusehen. Aus einem Plastebeutel kippte er Milch in einen Topf; fügte noch etwas Wasser hinzu. Das kochte er mit dem Tee auf. Nachdem es durch ein Sieb gegossen und mit viel Zucker angereichert wurde, war meine Tasse Chai trinkbereit. Manchmal war der Chai hier schon so süß und farblich schokobraun, dass ich es glatt für einen Kakao gehalten hätte.

Danach fuhren Guillaume und ich zum Tiger Circle, wo Martin bereits auf uns wartete. Er hatte vorher noch verzweifelt versucht seine pdf-Dateien in einem kleinen Copyshop ausdrucken zu lassen. Es konnte sich nur um Stunden handeln bei den langsamen PCs.

Erkennungsmerkmal des Tiger Circles: der Springbrunnen

Am TC zeigten wir ihm den großen Supermarkt, worin sich hauptsächlich Frauen befinden, die mir immer hinterher laufen, um zu überwachen, dass ich ja nichts klaue oder was ich so einkaufe. Meine Tasche muss ich übrigens vorne in einem offenen Regal ablegen. Dann genossen wir den billigsten Bananenshake am Platze für nur 12 Rupien in unseren Lieblings-Saftladen. Wir zeigten unserem Franzosen die Fastfood-Tische sowie die Obst- und Gemüsestände. Dann hielten wir an der Manipal Bakery. Das ist die größte, die ich hier kenne, aber immer noch klein im Gegensatz zu den Bäckereien in Udupi. Alle haben etwa das gleiche Angebot; am meisten vergötter ich die Kekse in den großen Gläsern. Wir liefen die Straße weiter und kamen an den altbekannten Fischfrauen vorbei. Man kann sie sogar riechen, wenn sie nicht dort sitzen.





Delikatesse: Fisch mit Fliegen besetzt ;)
Eines meiner typisch-indischen Lieblingsbilder

Dann bogen wir rechts zum MIT ab. Unser Student Martin führte uns durch das Unigelände und sein Institut. Es ist das älteste und hässlichste. Die kleinen einfachen Räume erinnern an Schule, im Innenhof gibt ein Stückchen Grün. Am Eingang prangt eine Büste des Gründers der Universität.

Haupteingang zum Manipal Institute of Technology

Dann liefen wir weiter zum Food Court, der Platz für 1.200 hungrige Menschlein bietet. Sie haben eine Maschine speziell zur Herstellung von Roti, die ungefähr 2.500 Stück pro Stunde schafft. Roti sind die billigsten und nicht so leckeren Teigfladen, die Indien zu bieten hat.
Zum Abendbrot gab es das, was es immer gibt, aber meinen beiden Männern schmeckte es. Guillaume isst sogar gerne scharf, nur bei original-indischen Chilly-Gerichten muss selbst er passen. Für mich steht jetzt jedenfalls fest, dass ich nicht noch mal im Food Court abends oder mittags essen werde. Es ist einfach zu scharf für mich, so dass ich das Essen gar nicht richtig genießen kann und nicht viel runter bekomme. Mich dort auf Dauer nur von Chips und Curd (weißer Joghurt) zu ernähren, ist auch nicht das Wahre. Dann lieber dort schön frühstücken. Aber einmal in der Woche sonntags reicht, da man von einem abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährungsplan nicht sprechen kann.
Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich jeden Tag drei warme Mahlzeiten zu mir nehme zzgl. andere Kleinigkeiten. Nur weil in einem Land wie Indien viele Menschen hungern, muss das ja noch lange nicht heißen, dass man hier gut abnehmen kann ...


Noch was zu Guillaume: Der hat es ja ganz klug angestellt und sich von seiner Universität für die Samstage freistellen lassen. Echt gemein, er hat zwei Tage Wochenende. Was ich mit einem Tag mehr noch alles erleben könnte. Vielleicht ist es gut so, denn ich komme kaum hinterher alles in Blogs zu verfassen.
Jedenfalls gönne ich es Guillaume; schließlich wird er immer zwischen Manipal und Mangalore pendeln müssen.

Und er ist auch der Meinung, dass es oft frustierend ist, wenn die Inder immer in einer ihrer vielen Sprachen sprechen.  Wir hätten gedacht, Englisch sei hier ein gängigeres Kommunikationsmittel.


Freitag, 29. April 2011

33/ Mit ohne Ostern


Obwohl der Hinduismus hier vorherrschend ist, hatten wir an Karfreitag trotzdem Feiertag. Das ist der Vorteil, wenn man in einem Land lebt mit vielen verschiedenen Religionen. Da gibt es Feiertage, die werden nicht von allen gefeiert. Aber so was haben wir ja auch in Deutschland. Nur der Ostermontag war leider kein Feiertag mehr.

Für mich gab es dieses Jahr kein Ostern. Aber damit war ich ja nicht allein, denn Ostern feiert in Indien nur die christliche Minderheit.
Wenn Familien in Deutschland zu Ostern nicht die Auferstehung Jesus feiern, sondern bunten Ostereierkitsch zelebrieren, ist das nichts Aufsehenerregendes. Hier in Indien ist Religion hingegen sehr stark verwurzelt und wird gelebt. Da kommt man sich als Nicht-Religiöser fast etwas ausgestoßen vor.
Wenn ich über Ostern nachdenke, wird mir bewusst, dass mir Ostern selbst gar nicht so wichtig ist. Allein im Kreise der Familie zu sitzen, etwas Besonderes zu essen bzw. zu naschen und den Osterschmuck zu betrachten – das ist vielleicht meine persönliche Beziehung zu Ostern.
Meine Osterüberraschung hat den Weg leider noch nicht zu mir gefunden. An dieser Stelle noch mal ein großes Dankeschön an meine liebe Großmutti, die uns schon mit 2 Briefen und einer Postkarte erfreute und ein Stück Heimat nach Indien brachte. Ich hoffe, das langersehnte Päckchen kommt auch noch an und hängt nicht irgendwo beim Zoll.
Dank der Post aus Deutschland konnte ich meinen liebsten Freundinnen hier kleine Osterbildchen schenken. Für meine Deutsch-Klasse habe ich ein Oster-Special vorbereitet. Als ich Ihnen von den Ostereiern, Kuchen in Hasen- oder Lammform und der Ostereisuche erzählt hatte, wollten sie gleich zu mir nach Hause kommen und mit mir Ostern feiern. Aber wenn, dann müssen sie schon nach Deutschland kommen.

Anusha ist sogar römisch-katholisch – ihr habe ich eine Oster-Karte geschenkt. Dann erzählte ich, wie wir als Nichtgläubige Ostern in Deutschland feiern. Anschließend berichtete Anusha begeistert von ihrem Halloween. Dieser Tag ist ihren Vorfahren gewidmet. Ich glaube, da kann man auch irgendwie Kontakt mit denen aufnehmen, wenn ich das richtig verstanden habe. Aber noch wichtiger ist, dass sie an Halloween das machen, was ihre Vorfahren gerne gemacht haben. Der eine Opa war beispielsweise Fischer, deswegen gehen sie fischen und kochen sein Lieblingsessen. Der andere Opa war Tischler; sie holen den Hammer aus dem Schrank und gedenken ihm. Das finde ich wirklich eine sehr schöne Tradition den Toten so zu gedenken. Ich habe überlegt, ob man so was auch in Deutschland einführen könnte, aber vielleicht wird mancher sehr traurig an dem Tag sein. Schließlich glauben wir weder an den Himmel noch an Wiedergeburt. Und eigentlich sollte man ja zu Lebzeiten eines Menschen all die Dinge mit ihm unternehmen, die ihm gefallen. Ist zwar schön, wenn man weiß, dass jemand an einen denkt, wenn man tot ist...aber dafür braucht man vielleicht keinen bestimmten Tag. Die Vorfahren hinterlassen Spuren und in vielen Momenten des Lebens denkt man an sie...nicht zuletzt am Todestag oder Geburtstag. Es ist trotzdem eine sehr sympathische Art Halloween zu feiern. Da war es mir fast etwas peinlich, als ich von unserem Halloween in Deutschland erzählen sollte. Ähnlich dem Valentinstag ist es doch nur ein kommerzielles Fest aus den USA. Meist verkleiden sich junge Menschen, um Spaß zu haben - ohne tieferen Sinn.




Dienstag, 26. April 2011

32/ Besuch aus Europa


Seit Wochen liefen bei mir auf Arbeit die Vorbereitungen für den großen Kundenbesuch aus Europa. Diesmal sollten an die 10 Personen aus verschiedenen Ländern kommen.
Deswegen ließ sich auch der „Rosa Niederländer“, wie ich ihn so gerne nenne, öfters bei uns blicken. Den Namen hat er sich redlich verdient: Ich habe ihn noch kein einziges Mal ohne ein rosa T-Shirt bzw. Hemd gesehen – eigentlich heißt er Gerald. Für seine Firma in den Niederlanden managt er die Projekte vor Ort. Aber trotz seines regelmäßigen Aufenthaltes in Indien hat er noch nichts gesehen außer Flughafen und Hotel. Hier kann er „Workaholic“ sein; Familie und Freunde sind ja in den Niederlanden. Gerald ist begeistert, dass ich hier arbeite und sogar Deutschunterricht gebe. Natürlich hat er sich auch gleich einen Niederländer hierher gewünscht.

Einen Tag vor dem großen Tag ging ich mit Gerald und einem anderen Weißen in die Manipal Press Unit 5. Das ist ein riesiges Gebäude, in dem sich das Pre-Press-Department (Druckvorstufe) und der kommerzielle Druck befinden. Uns wurde alles genau gezeigt und erklärt. Letztes Mal habe ich ja nur die Packaging-Fabrik (Verpackung) besichtigt. Wir liefen an unheimlich vielen verschiedenen Maschinen vorbei für Druck, Weiterverarbeitung, Veredelung usw. Ich staunte nicht schlecht, als ich auf einer Druckmaschine das Logo von Mitsubishi entdeckte. Noch riesiger und erstaunlicher war allerdings das Lager. Da türmten sich Unmengen von Papierrollen in unendliche Höhen auf - kaum eine Papiersorte, die es nicht gab. Da wünscht man keine Wasser- oder Brandunfälle.
Während ich schon einige Druckereien gesehen hatte, war es für unseren Dritten im Bunde eine völlig neue Erfahrung. Erst dachte ich, es sei ein Kunde, der schon einen Tag früher angereist sei. Aber es stellte sich heraus, dass er wie ich ebenfalls für 6 Monate bei ritten im BundeMDS arbeiten wird. Er ist Franzose und heißt Guillaume Boissy. Guillaume (ausgesprochen: Gie-em) heißt auf Deutsch Wilhelm. Er hat in Kanada Anthropologie studiert. Seinen Master hat er aber in internationalem Handel speziell für Asien in Frankreich absolviert. Er ist ebenfalls das erste Mal in Indien. Und er hat 2 Jahre Indonesisch gelernt.

Der hohe Besuch aus Europa sollte natürlich angemessen empfangen werden. Das war meine Chance als eine der Sari-Mädchen am traditionellen Willkommens-Prozedere teilzunehmen. Mehrmals probten wir den Ablauf vor der Eingangshalle der Manipal Press. Es wurde heftig diskutiert, wer wo stehen sollte. Während andere das Organisatorische berieten, blieb genug Zeit für meine lieben Kolleginnen sich ausführlich mit mir und meinem Äußeren zu beschäftigen. Drei der Mädchen fragten mich unabhängig voneinander welches Shampoo ich benutzten würde und stellten fest, dass meine Haare sehr gesund aussehen. So eine Frage bekomme ich ja sonst nicht gestellt und ich musste ernsthaft überlegen. „Schwarzkopf“ konnten sie zwar nicht aussprechen, aber Eine wusste genau, was ich meinte. Ich erzählte ihr, dass Schwarzkopf wörtlich übersetzt „black head“ heißt. Da sagte sie verwundert, dass es das doch auch für andere Haarfarben gäbe. Ich musste lachen: „Das ist doch nur der Markenname“. Schon lustig, „Schwarzkopf“ wäre ja eigentlich die perfekte Marke für indische Frauen.
So, als wir das Thema Shampoo erfolgreich abgeschlossen hatten, schlug mir eine Andere vor, ich solle meine Haare ab der Mitte schwarz färben und oben rot. Ahhhhh...und sie meinte das auch noch ernst. Naja, irgendwann war so was ja auch mal Mode gewesen in Deutschland. Dann wurde ich weiter von oben bis unten abgecheckt. Eine wollte mir meine Fingernägel wie ihre lackieren - also blau mit Blümchen drauf...lieber nicht. Und sie amüsierten sich über meine „pinken“ Lippen.  

Am Tag des Besuchs war ich schon um 8 auf Arbeit, damit die Mädels mich bis zum Kundenbesuch um 9.00 Uhr fertig präpariert hatten. Ich hatte mir wieder den gleichen Sari ausgeliehen und diesmal ging es auch recht zügig. Priyanka zauberte mir eine wunderschöne französische-Zopf-Frisur. Zur Enttäuschung meiner Freundinnen hatte ich mir immer noch keine glimmer-glitzer-indischen Armreifen zugelegt. So wurde ich mit einem silbernen Armband von Sri ausgestattet und Anusha bestand darauf, dass ich ihre goldene Uhr trug – der Standardschmuck der Inder. Neben mir wurden auch noch Sri und Prajna in ihre Saris befördert. Sie mussten das wieder mal vor ihrer Familien verheimlichen. 
Trotz Anweisung des Chefs trugen nicht alle Mitarbeiterinnen einen Sari. In traditionellen Familien gilt der Glaube, dass, wenn eine nichtverheiratete Frau einen Sari trägt, gleicht das der Aufforderung: Ich bin bereit zum Heiraten. Die Eltern möchten deshalb nicht, dass ihre Töchter den Sari auf Arbeit tragen – es soll ja schließlich keine Love Marriage werden. Sari dürfen die Töchter maximal tragen, wenn die Eltern sie mit auf eine Function (offizielle Feierlichkeit) in ihrem Umfeld nehmen. Da suchen sich dann die Eltern einen potenziellen Kandidaten aus.
Aber Priyanka versicherte mir, dass an diese Sari-Geschichte heute nur noch wenige glauben. Bester Beweis war ja, dass die allermeisten Mädels einen Sari getragen haben.
Doch Prajna und auch Sri haben beide jede Menge Ärger zu Hause. Sie möchten (noch) nicht heiraten – bei Sri konnte ich den Grund bisher noch nicht heraus finden. Was das betrifft, ist sie sehr verschlossen.
Beide sind 25 und älter – über das beste Heiratsalter schon hinaus. Aber schlimmer ist noch, dass sie die ältesten der Geschwister in ihren Familien sind. Bis sie nicht geheiratet haben, dürfen auch die Jüngeren nicht heiraten. Der Druck wächst also täglich.
Das sind die allgegenwärtigen indischen Familiendramen. Besonders bei Sri bekomme ich täglich mit, wie sie leidet. Sie ist ein sehr fröhlicher Mensch, aber öfters ist sie sehr traurig und nachdenklich. Ich habe sie schon versucht aufzumuntern

Zurück zum Kundenempfang!

Der Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es kurz nach 9 war. An der verriegelten Tür zum zur Umkleide umfunktionierten Traingsroom wurde hastig geklopft. Wir Mädels eilten, so schnell es im Sari ging, zum Eingang der Manipal Press. Als die großen Wagen vorfuhren, standen alle an Ort und Stelle. Ungefähr 10 weiße Frauen und Männer stiegen aus. Zuerst wurden sie von Sushmitha mit Aarthi, Tilak und Akshath begrüßt. Bei Aarthi wird eine Platte mit Öllampe, rotgefärbten Wasser und Reis im Uhrzeigersinn bewegt. Beim Tilak zeichnet der Ringfinger mit dem rotgefärbten Wasser eine Linie auf die Stirn. Der Tilak steht für Sieg. Damit wird dem Kunde Erfolg und Wohlstand gewünscht. Gleich darauf folgt der Akshat, in dem Reis auf das Tilak geklebt wird.




Shilpa war die Zweite und streute über die Köpfe der Gäste Blütenblätter. Als nächstes war ich an der Reihe. Komal und Reshma reichten mir die großen schweren Blumenkränze, die ich den Kunden umhing. Vismitha hielt eine typisch indische Süßigkeit bereit und Chaitra sowie Priyanka übergaben die personalisierten ID-Bänder. Anschließend fanden wir uns für ein Gruppenfoto zusammen und dann konnte die Führung durch die Manipal Press beginnen. Guillaume fungierte als Übersetzungsgehilfe für die französischen Kunden. Ich sollte das eigentlich für den deutschen Kunden machen, aber sein Englisch war gut genug, so dass sie mich nicht brauchten.




Bei MDS präparierte man in der Zeit das Foyer. Erst wurden die Blüten von verschiedenfarbigen Blumen abgerupft. Dann wurde mit Lineal, Strick und Stift das Muster auf den Fliesen vorgezeichnet. Immer wieder wischten es die Mädels weg, weil sie nicht zufrieden waren und diskutierten mal wieder wild in ihrer Sprache. Aber pünktlich um 10 waren alle Blüten und Öllampen fertig dekoriert. Das Endbild sieht natürlich toll aus, aber es ist extrem aufwändig.




Dann wurden die Kunden durch unsere Firma geführt. Einer der Niederländer seilte sich ab und kam an meinen Platz. Ich erntete mal wieder viele Komplimente für mein Outfit. Dann fragte ich ihn, wer denn der Deutsche unter den Kunden sei. „Der mit der Brille.“ Ich reckte meinen Kopf, aber er war verdeckt und ich sah ihn nicht. Da sagte der Niederländer: „Na, der mit dem roten Punkt auf der Stirn!“ Haha...haben ja heute alle einen bekommen. :)
Zum Schluss bekamen die Kunden noch jede Menge personalisierte Geschenke: Stifte mit Namen, Tassen, Tragetaschen, Süßes, aber das Highlight war ein Kalender. Darauf waren die Bilder von der Begrüßung der Kunden zu sehen. Auf einem Monat bin ich drauf, wie ich einem Mann gerade die Kette umhänge.  Also ich empfehle euch: Werdet Kunden von MDS und lasst euch empfangen und umsorgen wie die Könige hier.
Als sich dann der hohe Besuch zum Mittagspeisen entfernte, war für uns Mädels im Sari wieder Fotoshooting angesagt.




Prajna und die XML-Girls



Anusha und ich


Meine liebe Sri























Sonntag, 24. April 2011

31/ Mangalore - Wasserspaß und Tierbeschau


Es ist Donnerstagmittag. Ich sitze mit meinem Mädels beim Essen. Da erwähnen sie so ganz nebenbei, dass ja morgen Feiertag wäre. Na zum Glück habe ich davon noch erfahren bevor ich morgen allein auf Arbeit gewesen wäre. Ich rief gleich Martin an, um ihn von meinem unverhofft freien Tag zu berichten. Da sagte er, dass er an der Uni aber Samstag Feiertag hätte. Na toll! Ich überzeugte ihn die paar Stunden am Freitag ausfallen zu lassen und mit mir spontan nach Mangalore zu fahren.

Diesmal wollte ich es besser machen und recherchierte alles Sehenswerte ausführlich im Internet. Zur Auswahl standen viele Tempel, Kirchen, Parks oder der große Seehafen. Doch letztendlich entschieden wir uns für ein ganz anderes Ziel.

Am Freitagmorgen ging es früh aus dem Haus und mit der Riksha direkt zum FoodCourt lecker frühstücken. Danach stiegen wir am Tiger Circle in den Express Bus nach Mangalore ein. Ich setzte mich ganz vorne ans Fenster neben den Busfahrer, um alles genau im Blick zu haben. Besonders aufregend fand ich den Fahrstil eines indischen Express Busses. Der Bus überholte alles und jeden. Dabei war er fast öfter auf der rechten Gegenfahrbahn, als auf seiner eigentlichen Spur. Regelmäßig mussten ihm entgegenkommende Fahrzeuge außerhalb der asphaltierten Straße ausweichen. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich hier keinen einzigen Unfall miterlebt habe.

 Gegenverkehr? Kein Grund nicht zu überholen! (Ich sitze vorne links im Bus.)

In weniger als 1,5 Stunden erreichten wir den Busbahnhof in Mangalore. Dort war wieder richtig schönes indisches Großstadtgetümmel angesagt. Im Gegensatz zu Manipal trugen hier auffällig viele Motorradfahrer einen Helm, auch wenn manchmal ein Bauarbeiterhelm herhalten musste. Mit dem Bus Nr. 3 fuhren wir dann 12 km weiter zu einem schönen Plätzchen Erde namens

 „Pilikula Nisarga Dhama“. Pilikula entstammt der lokalen Sprache Tulu und bedeutet wörtlich übersetzt “Tiger's lake” (Tigersee). Früher pflegten Tiger zu dem See zu kommen und Wasser zu trinken. Diese Tiere scheinen hierzulande sehr verbreitet gewesen zu sein, denn auch Manipal’s Zentrum trägt den Namen „Tiger Circle“. Ein Tiger ist mir aber noch nicht begegnet.

In „Pilikula Nisarga Dhama“ gibt es also einen See zum Bootfahren, einen botanischen Garten, einen Zoo – aber was uns am meisten interessierte war der „Manasa Waterpark“. Prajna hatte mir den Tipp gegeben. Ohne die wertvollen Hinweise unserer indischen Freunde würden wir sicher nicht soviel erleben.



Der Wasserpark

Nachdem wir die 190 Rupien Eintritt bezahlt hatten, betraten wir ein landschaftsarchitektonisch perfekt ausgestaltetes Anwesen. Ich glaube kein deutscher Park kann mit dieser exotisch-indischen Anmut und Kreativität mithalten. Pflanzen, Bäume, Vasen, Gemälde etc. wurden in detailverliebter Ausführung zu einem stimmigen Gesamtbild zusammengefügt.




Es war noch früh am Morgen. Später schoss aus dem Mund der Figur natürlich Wasser.
Als wir den ersten nassen Besuchern begegneten, erlitten wir zum Glück keinen Schock. Dank dem Besuch der Bildergalerie im Internet waren wir vorinformiert. Hier im Rutschenparadies für Groß und Klein ging man mit vollständiger Bekleidung ins Wasser. Auch wir stürzten uns mit kurzer Hose und T-Shirt ins Rutschvergnügen. Etwas gewöhnungsbedürftig war das Gefühl trotzdem, wie die Kleidung da pitschnass am Körper klebte. Jedenfalls war es gut gegen Sonnenbrand und Blicke. 


Glücklich

Im warmen Nass freuten wir uns des Lebens. Endlich etwas Action für die Bine. Insbesondere Reifenrutschen haben mir es schon als Kind angetan und mich davon wegzukriegen, war beinahe unmöglich.

Es gab Einer-, Zweier- und sogar Vierer-Reifen. Am Becken und am Beginn jeder Rutsche waren freundliche Aufpasser bzw. Helfer verteilt. 




An einer anderen Rutsche nutzte man kleine Gummiboote. Ich schleppte mich mit dem Teil ab bis mir eine indische Aufpasserin das Ding abnahm und damit leichtfüßig die Treppen hochspazierte. Sie fragte, ob wir aus den USA kämen. Ich verneinte und sagte, dass sie einen tollen Job hätte. Denn oben auf der Rutsche hatte man einfach eine Spitzenaussicht auf den wunderschönen Park. Unsere letzte Rutsche war die Actionreichste. Auf einer Matte rutschte man mit dem Kopf zuerst die enge und sehr steile Bahn herunter. Hoffentlich prallte ich mit meinem Gesicht nirgendwo dagegen. Am Ende landete ich aber sanft im warmen Wasser.




Den Weg wieder hinauf tippelte ich wie auf Glasscherben – die Steinplatten waren glühend heiß.
Als wir unsere letzte Runde durch das Gelände drehten, entdeckten wir eine Horde fröhlich ausgelassener  Inder, die im Wasser tanzten und sangen. Ein zu schöner Anblick - Lebensfreude pur.



Der Zoo

Nach dem Wasserspaß gingen wir schnurstracks zum Zoo und botanischen Garten. Das Gelände erinnerte mich ein wenig an eine Urwaldexpedition. Die Wege und Gehege waren lange nicht so perfekt ausgebaut wie in deutschen Zoos. Dadurch wirkte der Lebensraum einiger Tiere realistischer. Hauptsache sie fühlen sich wohl - so gut man das im Zoo eben kann.





Ein ausgestopftes Tier in einer Höhle versteckt



Das war unser schöner Feiertag. Aber wenn wir in einer größeren Gruppe dort gewesen wären, hätte es vielleicht noch ein bisschen mehr Spaß gemacht.

Übrigens habe ich schon Halbzeit hier in Indien!



PS. Happy Easter!!! 




Montag, 18. April 2011

30/ Goa - Tag der Abreise


Der nächste Morgen begrüßte uns mit seinen schönsten Sonnenstrahlen. Obwohl wir erst gegen Mittag auschecken mussten, verließen wir jetzt schon die Old Goa Residency. Vor unserer Tür entdeckten wir zwei Zeitungen: Das fand ich wirklich sehr nett – einfach wunderbar dieses Government-Hotel. 

Unser Türschloss
Die Autowracks vor der Polizeistation















Wir machten uns auf den Weg zur Cam Clinic in Panaji. Der Mann sagte, es hätte sich nicht gelohnt etwas an der Kamera zu machen. Es sei hoffnungslos – das Salzwasser habe alles zerstört. Falls wir eine neue kaufen möchten, empfahl er uns eine Canon oder Nikon – das seien die besten auf dem Markt. Ich schaute mir kurz ein Angebot an – nur so zum Vergleich und ich muss sagen, sie hatten ein etwas besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber darüber wollte ich jetzt bloß nicht nachdenken. Der nette Mann reinigte mir sogar noch kostenlos meine SD-Karte.
Wir hatten noch Zeit bis zur Abreise und schlenderten durch das belebte Panaji. Besonders der riesige, mitunter verwinkelte Markt faszinierte mich.

Fischmarkt

Frische Hühnchen






Eine kleine indische Essenslegende


Schließlich fuhren wir mit dem Bus die 33 km Richtung Süden wieder bis nach Margao. Dort suchten wir etwas hektisch den Eingang zum Bahnhof, um eine Stunde vor der Abfahrt 14.30 Uhr die Tickets kaufen zu können. Danach gingen wir im Bahnhofsrestaurant etwas essen. Martin bestellte Parota mit Dal Fry und ich ein Toast Omelet. Martin bekam statt leckeren Parota nur Chapati und bei mir fehlte das Toast. Ich beschwerte mich mehrmals, wo mein Toast geblieben sei. Alle wuselten wild durcheinander und den Zettel, wo das drauf stand, könne man nicht mehr finden. Irgendwann hatte ich dann endlich meine zwei Weißbrotschreiben, die ich für das etwas zu scharfe Omelette auch dringend benötigte. Schnell kauften wir noch ein paar Snacks für den Zug.
An der Information fragten wir mehrmals wo denn der Zug abfahren würde. Der Mann war leider selbst ahnungslos. Irgendwann stand dann auf dem Leuchtschild, dass unser Zug von der Plattform 1 abfahren würde. Also standen wir schon mal richtig. 



Per Lautsprecher wurde der Zug dort mehrmals angekündigt. Mit verlässlicher Verspätung kam er dann aus Richtung Mumbai – scheinbar startklar, um weiter Richtung Süden zu fahren. Wir stiegen in den Zug und warteten und warteten. Das Schlimmste daran war der üble Gestank aus der „Klo-Ecke“. Wir sehnten die Abfahrt herbei in der Hoffnung, dass der Fahrtwind für bessere Luft sorge. Irgendwann lies es sich nicht mehr aushalten und wir wechselten noch mal die Plätze und zogen in einer ziemlich leeres Abteil – vielleicht wieder die falsche Klasse. Dann endlich setzte sich der Zug in Bewegung, aber irgendwas stimmte nicht. Wir fuhren in die falsche Richtung – zurück nach Mumbai (Bombay) im Norden!? Aufgeregt fragten wir einen vorbeikommenden Mann, ob dieser Zug nach Mumbai fahre oder nach Mangalore. Der sagte bei beiden immer ja und trieb uns in den Wahnsinn. Zum Abspringen war der Zug schon zu schnell und wir sprachen einen anderen Mann an. Der konnte sich sein Lächeln nicht verkneifen und bestätigte unsere Befürchtung: Wir saßen im falschen Zug! In mir brach eine kleine Welt zusammen – konnte denn nicht ein einziges Mal etwas glatt laufen? Ich wollte endlich wieder in meinem Manipal sein und nach Hause in meine saubere Wohnung. Mit jeder Minute entfernte ich mich mehr davon. Der Zug fuhr und fuhr. Nicht einmal die fantastische vorbeiziehende Landschaft konnte mich wieder aufmuntern.
Ungefähr um 4 hielt dann der Zug an einem kleinen Bahnhof im Nirgendwo namens „Thivim“ (gerade noch in Goa). Man sagte uns, dass der nächste Zug gegen 6 wieder zurück fahren würde.
Mit Gepäck spazierten wir in die Einöde. Auf dem Weg tranken wir zwei Bananenshakes und kauften uns ein Eis. 

In Thivim werden die Straßen gegossen


Am Bahnhof warteten wir wieder stundenlang. Ständig fragten wir einen Mann in Uniform, um diesmal auch ja alles richtig zu machen. Aber genaue Ausknunft erhielten wir nie. Dann ging Martin noch mal zum Schalter, um nachzufragen. Es war schon lange nach 6 und kein Zug in Sicht. Sie würden es ausrufen. Die rattern da ungefähr fünf verschiedene Sprachen herunter und beim englischen Teil hat man Glück, wenn man etwas versteht. Der Mann am Schalter kassierte Martin ein weiteres Mal ab - diesmal ein teures Express-Ticket. Als Martin mir davon berichtete, wollte ich das nicht glauben. Ich ging hin und beschwerte mich, dass wir schon ein Ticket bezahlt hätten, das wir nicht in Anspruch nehmen konnten, da der Zug auf Plattform 1 nicht wie angekündigt nach Mangalore gefahren sei. Und jetzt müssen wir auch noch ein Express-Ticket sogar ab Thivim kaufen? Der Mann sagte, dass die Tickets nur 3 Stunden gültig seien – echt sinnlos bei den Verspätungen hier - und es ja unsere Schuld sei. Ich versicherte ihm noch den extrem schlechten Service und Touristenunfreundlichkeit und zog erfolglos ab. 
Um 8 konnten wir mit dem richtigen Zug endlich diese Einöde verlassen - um die Zeit hätten wir schon  wieder zu Hause sein können. Nachts halb 1 sprangen wir am Bahnhof Udupi aus dem Zug – fast hätten wir die Haltestelle verpasst und zu allem Überfluss klemmte auch noch die Tür. 
 
Erschöpft fielen wir ins Bett. Was für ein Urlaub! Jetzt brauche ich eigentlich erstmal Urlaub vom Urlaub, aber morgen ruft ja schon wieder die Arbeit.


Fazit

Wir sind wieder um unglaublich viele Erfahrungen reicher. Beim nächsten Mal können wir Schwierigkeiten hoffentlich besser aus dem Weg gehen. Schließlich wollen wir noch viel vom Land sehen. Den nächsten Ausflug werden wir aber definitiv besser planen. Am liebsten würden wir ja das Land mit Einheimischen bereisen, aber leider begleitet uns keiner unserer indischen Freunde.
Hier kann man so wunderschön billig reisen - dafür muss man wahrscheinlich auch Komplikationen in Kauf nehmen.  Andererseits, wenn ich die ganze Zeit fröhlich am Schwimmingpool meines 5-Sterne-Hotels in Goa verbracht hätte, dann könnte ich nicht so einen ereignisreichen mehrteiligen Bericht schreiben. Wer vor hat nach Indien oder Asien zu reisen, ist so schon auf gewisse Sachen vorbereitet.

Gibt es einen Trick, wie man hier besser an Informationen rankommt? Ich schätze nicht. Man muss sich einfach nur dran gewöhnen mit wenig Informationen klar zu kommen und aus schwierigen Situationen das Beste draus machen.
Incredible India! Es war trotzem schön, was die vielen tollen Fotos beweisen!


Viele liebe Grüße nach Deutschland von euren zwei Teilzeit-Indern :)


Sonntag, 17. April 2011

29/ Goa - Tag 2


Montag 8.00 Uhr. Martin und ich schlummerten noch seelenruhig und holten verpassten Schlaf nach. Plötzlich riss uns ein aggressives lautes Hämmern an der Tür aus unseren Träumen. Erst versuchten wir es zu ignorieren, aber es wurde penetrant weiter gegen die Tür geschlagen. Unter nervtötender Beschallung zog sich Martin etwas über und reißt dann wutentbrannt die Tür auf: „Are you crazy?“. Ein kleines Männchen schaute mit großen dunklen Augen nach oben und verkündete, dass 9.00 Check Out ist. „Das wissen wir!!!“ Rumms...Tür zu.
Schon am frühen Morgen total entnervt - der Tag geht ja gut los. Da standen wir also früh um 9 auf den Straßen Panajis und fragten uns nach einem großen Elektronikgeschäft durch. In dieser Stadt hatte man vielleicht noch am ehesten die Chance fähige Menschen zu finden, die meine Kamera wieder reparieren können. Mit dem Bus fuhren wir Richtung Markt und fragten in einem kleinen Fotogeschäft nach. Der Besitzer erklärte uns den Weg zur „Cam Clinic“. Als das Geschäft kurz vor 10 noch zu hatte, gingen wir erstmal in das gegenüberliegende „Public Cafe“ frühstücken. Das köstliche indische Frühstück zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht. Es gab meine geliebten Sweet Buns, die extrem gelb ausfielen - dazu Chai, Kaffee und Parota mit Kartoffelsoßen. Wir hatten auch einen „tomato salad“ bestellt. Als er nicht kam, fragten wir noch einmal nach und wiederholten unsere Bestellung. Dann kam nochmal genau die gleiche warme braune Soße, die wir vorher zum Parota gegessen hatten. Das war also ein indischer „tomato salad“ – also kein frischer knackiger Salat zum Frühstück. Die können hier soviele leckere Früchte und Gemüsesorten anbauen, aber gesund essen sie trotzdem nicht. Zuletzt stolperte noch ein Kellner und kippte die Soßen auf meinen Rucksack.

Gestärkt gingen wir dann zur Cam Clinic. Der Mann schien sehr kompetent zu sein und erklärte uns im besten Englisch, dass es einen Kurzschluss gegeben hätte. Er würde versuchen die Kamera zu reinigen und fügte noch hinzu, dass Samsung aber einen schlechten Kundenservice hätte. Ab um 3 sollten wir ihn dann noch mal anrufen und nach dem Ergbnis fragen. Meine geliebte Kamera wusste ich jetzt in guten Händen, so konnten wir uns auf die Suche nach einem neuen, besseren Hotel machen. Mein Chef hatte mir noch gesagt, dass es in Goa „cheap hotels“ und „nice hotels“ gibt – wir sollen auf jeden Fall ein „nice hotel“ nehmen. Das sagt sich so schön leicht. Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach war ein neues Zimmer zu finden. Mehrere nette saubere Hotels in unserer Preisklasse waren komplett belegt. Etwas verzweifelt betraten wir ein teures Hotel. Die gingen sogar noch um die 1.000 Rupien in ihrem Preis runter – aber es war immer noch viel mehr, als wir ausgeben wollten. Erschwerend kam hinzu, dass ich bei unserer Suche durch die Straßen hüpfen musste, um schnell wieder ein Stück Schatten zu erwischen. Von unserem Strandtag hatte ich mir Verbrennungen an Fingern, Unterarmen, Waden und Stirn geholt. Da ich nur kurze Klamotten mithatte, konnte ich diese Stellen schlecht abdecken. Martin hatte es nicht besser – er musste zwei Rucksäcke gleichzeitig schleppen.
Langsam gaben wir die Hoffnung auf und bogen in eine kleine unbelebte Seitenstraße. Und was entdeckten wir da? Die Touristeninformation! Indische Städte sind ja mit Schildern zugekleistert – nur die wirklich wichtigen fehlen. Wir erklärten dem Mann unser Problem mit den Hotels. Er sagte, dass es in dieser Preisklasse schwierig ist hier etwas Gutes zu finden. Dann telefonierte er und empfahl uns anschließend ein Hotel in „Old Goa“. Das kam uns sehr gelegen, denn wir hatten heute sowieso vor dorthin zu fahren und die Kirchen zu besichtigen.
Der Mann gab uns noch Karten und Broschüren mit – ohne die und ohne Internet ist man hier echt aufgeschmissen. Ein kleines Heftchen war sogar auf Deutsch. Darin stand: „Willkommen in Goa, dem Land der goldenen Strände, wogenden Kokosnusspalmen und köstlichen Kochkunst. Goa ist der perfekte Ort für einen erholsamen Urlaub und bietet Ihnen eine warme und freundliche Atmosphäre“. Bitte entschuldigt, wenn das in meinen bisherigen Ausführungen noch nicht so rüber gekommen ist.
Von wegen Spontanität – wer plant, gewinnt. Hätten wir die Broschüren zwei Tage früher gehabt, wäre alles bestimmt etwas anders verlaufen. Aber spätestens jetzt konnte der schöne Teil unseres Urlaubs beginnen, ... oder?
Mit dem Bus fuhren wir Richtung Osten ins 10 km entfernte Old Goa. Ich war zum 101. mal traurig, dass ich keine Fotos machen konnte. Unser Hotel nannte sich Old Goa Residency. Ich glaube, es war auch das einzige, was ich dort gesehen hatte, da die Gegend bis auf die zwei großen Kirchen nichts erlebnisreiches zu bieten hatte. Aber ich genoß die Ruhe des Ortes und war schon von dem Empfangsgebäude unseres Hotels sehr angetan. Es handelte sich hier um ein staatliches Hotel und alles war sehr schick. Gerade mal 100 Rupien mehr als bei den anderen „Hotels“ mussten wir hinblättern. Nach dem Papierkram wurden wir in unser Zimmer geführt. Ich war positiv überrascht und fühlte mich gleich wohl. Es lagen sogar weiße Handtücher auf dem Bett - trotzdem noch weit entfernt vom deutschen Standard. Das Bad war zumindest besser als in den Hotels davor. Aber Klopapier sollte auf Reisen durch Indien immer Begleiter sein, denn auch in diesem Hotel gab es keines – dafür ein Eimer mit Wasser.
Leider war dies schon unsere letzte Nacht in Goa. Bei unserem nächsten Trip wollen wir nur noch in staatliche Hotels gehen.
Nun war es an der Zeit für Sightseeing. Ausländische Touristen und indische Pilger kommen in Scharen hierher - sei es, um die gigantischen Fassaden und vergoldeten Altäre der gut erhaltenen Kirchen zu bewundern oder um zum Grab des heiligen Franz Xaver, des berühmten Missionars aus dem 16. Jahrhundert, zu pilgern, dessen sterbliche Überreste in der Basilica do Bom Jesus aufbewahrt werden. Dieser tote Mann war ehrlich gesagt der einzige Grund, warum wir hierher wollten. Unsere indischen Freunde hatten uns von ihm erzählt und gesagt, dass er Jahr für Jahr kleiner wird. Bevor er ganz weg war und die Welt unterging, wollten wir den auch noch mal sehen. Die Kirchen, wovon jeder Deutsche in seinem Leben (gezwungenermaßen) schon genug gesehen haben dürfte, waren nicht gerade unser Hauptinteresse.
Wir schlenderten flüsternd durch die große Basilika. Die Menschen rannten mit ihren Kameras durch die Gegend und ich fühlte mich hin und hergerissen. Kein einziges Foto konnte ich machen, aber ich störte auch niemanden mit Blitzlichtgewitter an diesem „heiligen“ Ort. Da fiel mir ein weißes rundliches Ehepaar auf. Mein Gesicht verformte sich, als hätte ich gerade in eine Zitrone gebissen, denn der Mann drehte sich plötzlich zu mir um und ich hatte direkten Blick auf seinen haarigen Bärenbauch. Der trug in einer Kirche ein Hemd ohne einen einzigen Knopf zuzuhaben und präsentierte stolz seine Wampe...bähh. Also ein bisschen mehr Respekt wäre schon angebracht.
Wir besichtigten auch noch die Bilderausstellung oben in der Basilika und schwupps, schon waren wir wieder draußen. Da bildete sich ein symbolisches Fragezeichen über unseren Köpfen. Wo war denn jetzt die Leiche? Naja, vielleicht war sie doch in der anderen Kirche gegenüber.
Wir folgten unserer inneren Stimme und liefen erstmal schnurstracks Richtung Restaurants. Auf dem Weg entdeckten wir einen Fotoladen. Wir gingen hinein, ursprünglich nur, um uns über die indischen Preise für eine vergleichbare Kamera zu informieren. In dieser Kategorie hatten sie nur ein einziges lila Modell von Kodak. Wir probierten alle Funktionen aus, ließen uns noch mal ein billigeres von Sony zeigen und ... wir kauften sie. Zum gleichen Preis, den ich in Deutschland bezahlt hatte - also teuer. Nachdem meine 4 GB SD-Karte nicht mehr machte, was ich sagte, musste ich die auch noch neu kaufen. Ich war jetzt schon einen Tag ohne Kamera auf indischen Boden – länger konnte ich es nun wirklich nicht aushalten.


Die ersten Fotos mit der neuen Kamera

Gegenüber der Basilica of Bom Jesus: Church of St. Francis of Assisi (links) und St. Catherine's Cathedral (rechts)
Church of St. Francis of Assisi

Ich fand das Kleid so toll.

Dann gingen wir auf die andere Straßenseite in die St. Catherine’s Cathedral – die größte Kirche Asiens hat fünf Glocken. Wir liefen alles ab, aber der tote Mann war unauffindbar. Dann fragten wir einen Besucher - der schickte uns wieder in die Basilika. Dort fragte Martin eine junge Frau am Souvenirtisch: „Where is the Mummy?“ Die antwortete spöttisch: „My Mummy is at home!“ Als sie sich vom Lachanfall wieder beruhigt hatte, konnte sie nicht glauben, dass wir den Mann nicht gefunden hätten. Er sei „oben“ ... irgendwo. Nach ein paar weiteren Runden durch die Kirche, entdecken wir den Sarg endlich. Leider ist er soweit oben, dass man so gut wie nichts sieht vom Leichnam.

Vor der Basilica of Bom Jesus
Ohne Worte ;)
"Whoever lives and believes in Jesus will never die." ;)
Die indische Horror-Variante von Jesus
Ganz oben ist der Sarg

Gandhi-Circle

Dann wollten wir noch Postkarten kaufen, damit die lieben Daheimgebliebenen ein kleines Andenken bekommen. Leider scheint es in ganz Goa nur zwei Sorten von Postkarten zu geben – welche mit Kirche oder mit Strand. Aber die ganzflächigen Bilder waren nicht besonders schön und nicht einmal mit einem Schriftzug versehen. Der Verkäufer wollte sie für uns zwar um die Hälfte reduzieren, aber wir lehnten ab.

Als wir wieder im Hotel waren, studierten wir erstmal die vielen Angebote. Morgen sollte es schon wieder nach Hause gehen. Die einzige Möglichkeit noch etwas zu erleben, war eine Sightseeing-Schiffsfahrt namens „River Sunset Cruise“. Da es schon um 6 Uhr losgehen sollte, buchten wir schnell und ab gings wieder mit dem Bus nach Panaji. Wir kamen gerade noch rechtzeitig am Schiff „Santa Monica“ an. An Deck befanden sich jede Menge Touri-Inder, die auf den Plastikstuhl-Reihen Platz genommen hatten. Wir tuckelten eine Stunde lang auf dem Fluss Mandovi und wurden von einem bemühten Unterhaltungsprogramm beschallt. Der „coole“ Moderator wies selten auf Sehenswüridgkeiten hin. Viel lieber bat er Menschengruppen zum Tanzen auf die Bühne – erst die Kinder (zum Lockerwerden), dann Frauen (fürs Auge), Männer (zum Lachen), Pärchen (zum Sonnenuntergang) und schließlich alle. Ich konnte mich immer gut am Bug des Schiffes davor drücken. Zwischendurch führten „Profi-Tänzer“ typische Tänze vor.







Ich hatte auf dem Schiff auch mal wieder (mindestens) einen Stalker. Heimlich beobachtete er mich und wenn ich unauffmerksam schien, zückte er möglichst unauffällig sein Handy. Ich drehte mich aber immer weg oder versteckte mich hinter Martin. Der Stalker schien unbedingt ein Bild mit meinem Gesicht haben zu wollen und gab nicht auf. Er positionierte sich mal da und mal da. Irgendwie fand ich es dann auch fast lustig.
Nach der Schiffsfahrt suchten wir in der Dunkelheit ein Restaurant. Das erste preislich gute Restaurant hatte weder Nudeln noch Parota da. Und Tschüss! Dann kehrten wir in ein etwas teureres Fischrestaurant ein, dabei wollten wir gar nichts aus dem Meer essen. Gesättigt ging es dann „nach Hause“ ins Bettchen.