Freitag, 4. Februar 2011

6/ Erster Tag auf Arbeit

Hallo meine lieben fleißigen Blogleser,

eure Komplimente und aktive Teilnahme an meinem Leben hier in Indien motivieren mich immer wieder, viel Zeit in jeden einzelnen Eintrag zu stecken. Seitdem ich arbeiten gehe, ist sie nämlich etwas knapper bemessen.


Mein erster Arbeitstag

Einen Tag, bevor es losgehen sollte, wurde mir mitgeteilt, dass ich Dienstag zwischen 9.30 und 10.00 Uhr in die Industrial Area in das „Office“ von MDS (Manipal Digital Systems) kommen soll. Mein Ansprechpartner wird Chandrakant S Desai sein.
Martin war schon in der Uni, als ich kurz vor 9 das Haus verließ. Bepackt mit einer 2-Liter-Wasserflasche, einem Wörterbuch, deutschen Keksen, ca. 550 Rupien, Sonnencreme, Digitalkamera und einem Handy mit Martins indischer Sim-Karte (Problemfall Sim-Karte siehe Blogeintrag 3) war ich gerüstet für alles, was kommen möge. In Sandalen lief ich am Straßenrand über die rote Erde, über Stock und Stein. Dabei überholte ich so einige Inder -  den deutschen Sturmschritt kannten sie wohl noch nicht. Nach 10 – 15 Minuten kam ich dann am Tiger Circle an. 

Tiger Circle
Seitenstraße zur Parkala Road
Da es keine ausgewiesenen Bushaltestellen gibt, war es nicht so einfach den Abfahrtsort Richtung Industrial Area zu finden. Ebenso erforderte die Wahl der Straßenseite ein Umdenken aufgrund des Linksverkehrs. Einige Zeit später konnte ich schließlich in den richtigen Bus einsteigen. Ich betrat den Bus durch die hintere Tür und dachte kurzzeitig, ich befände mich in einem reinem Männerbus. Die Fleischbeschau einer Zuchtstute auf dem Viehmarkt – dieses Vergnügen konnte ich live und in 3D nachempfinden. Zum Glück winkte mich jemand wieder heraus – ich sollte vorne einsteigen. Dort empfand ich bei den indischen Frauen in ihren bunten Saris plötzlich ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit. Dem „Geldeinsammler“ nannte ich meinen Ausstiegsort „Industrial Area“ und er verlangte 4 Rupien. Kurz vor 10 ging es endlich los. Die holprigen Straßen und die beengten Platzverhältnisse kannte ich ja bereits von der letzten Busfahrt. Irgendwann wurde ich dann rausgeschubst. An eine Industrial Area erinnerte mich nicht viel außer einem größeren blauen Gebäude und einem Schild mit Lageplan. 

A: Unser Haus, B: Tiger Circle, C: Bushaltestelle Industrial Area, D: MDS

Ich rief Mr. Desai an – der wollte mich mit dem Auto abholen, da es viel zu weit zu laufen wäre. (Später stellte sich diese Strecke als 5-Minuten-Fußweg heraus.) Er fragte nach der Farbe meines Kleides, damit er mich erkennen könne. Davon abgesehen, dass ich in ganz Manipal noch kein weiteres „weißes“ Mädchen gesehen hatte, womit ich verwechselt werden könnte - trug ich außerdem Hosen. 

Industrial Area

Im Firmengebäude angekommen, begrüßte mich der Rezeptionist. Bei ihm musste man immer eintragen, wann man kam und ging. Ich folgte Mr. Desai ins „Office“ bis in sein Büro. Die Klimaanlage verschaffte uns winterliche Frische. Besonders fasziniert war ich von den gläsernen Wänden, auf die mit Edding verschiedene Informationen notiert waren. Nach der Beantwortung der Standardfragen „Wie gefällt es dir hier? Wo wohnst du?“ etc. fragte er mich, ob ich Lust auf einen Snack hätte. Sie servierten mir extrem gesüßten Chai-Tee und eine sehr süße Art gelben Griesbreis.
Der Plan für meine Zeit bei MDS sah Folgendes für mich vor: Erst sollte ich jede einzelne Abteilung und deren jeweilige Kompetenzen genau kennen lernen und verstehen. Dann war eine Art Strategieplanung und ausführliche Marktforschung vorgesehen. Schließlich sollte ich die Verantwortung für den deutschen Markt übernehmen. Wenn mir diese Tätigkeit zusagt, dürfe ich nach meiner Rückkehr in Deutschland als Agent für MDS tätig sein.

Manipal Digital Systems

Manipal Digital Systems (MDS), die Manipal Press mit ihren über 3.500 Mitarbeitern und die Manipal University (älteste Privatuniversität in Indien) gehören u.a. zur 750 Millionen Dollar Manipal Group.
MDS ist international tätig und Anbieter von professionellem Outsourcing. Wir arbeiten nach dem 24/7/365-Prinzip (24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr).

Eine kleine Auswahl aus dem Portfolio:

Bildbearbeitung
Grafikdesign
E-Books, Database
XML,HTML, Flash, Flex, ActionScript
Webseitenentwicklung
Content Mangement Systeme
SEO & SEM
E-Commerce-Lösungen
Animationen & 3D-Modeling
Applikationen & Softwareentwicklung
Videoproduktion

Spot für eine Bank:




Zurück zu meinem ersten Arbeitstag:

Als Nächstes wurde ich einer Frau namens Sweta B Bangera vorgestellt. Sie zeigte mir die gesamte Firma. Von der Rezeption aus führt eine weitere Tür in die Produktion. Die Handys müssen vorher abgegeben werden – nur Teamleiter und Marketingleute dürfen sie behalten – also ich auch. Sie zeigte mir den Serverraum, die Cafeteria und einen großen leeren Raum, in dem wahrscheinlich Veranstaltungen stattfinden. Dann betraten wir ein Großraumbüro – neugierige Hälse streckten sich mir entgegen. Sweta führte mich durch alle Abteilungen, erklärte mir die Strukturen und zeigte mir Referenzen. Dann wurden wir von Mr. Desai persönlich zum Mittag in ein Restaurant gefahren und ich durfte auf Kosten der Firma speisen. Halb 6 war mein erster Arbeitstag auch schon zu Ende. Man schlug mir vor für 150 Rupien am Tag immer per Rikscha zu kommen. Doch ich war zu geizig und bevorzugte den Bus für 8 Rupien am Tag.

Viele Grüße aus Manipal

Eure Bine

3 Kommentare:

  1. Hey Bine, hier ist Anni :)Ich verfolge auch dein neues Leben in Indien und lese gespannt die Beiträge... Sehr cool... Mir geht´s in England auch gut, auch wenn es für mich natürlich nicht sooo viel neues gibt, wie bei dir! :)

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  2. Hallo liebe Anni,
    vielen Dank für deinen Kommentar. Habe ich mir schon gedacht, dass du auch mitliest, weil ich habe regelmäßig Besuch aus Großbritannien auf meiner Seite und ich kenne nur noch eine andere, die zur Zeit in London arbeitet.
    Wie klappts denn bei dir mit dem Englisch? Haben die schlimmen Akzent?
    Ganz viele liebe Grüße,
    Bine

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  3. Ach du siehst, wer deinen Blog besucht und aus welchem Land derjenige dies tut? Verrückt ...

    Es klappt super mit dem Englisch und die haben fasr gar keinen Akzent und sprechen sehr sauberes Englisch, was für mich nur von Vorteil sein kann. Ich habe nun schon an zwei Colleges Assessments gehabt und habe bei beiden SEHR GUT abgeschnitten und die Tutoren dort waren alle sehr erstaunt :) Habe mich jetzt also für den Kurs entschieden, der einmal in der Woche für eine Stunde ist - eine Art Tutorium, in dem der Lehrer direkt auf bestimmte Fragen und Bedürfnisse zu Grammatik/Rechtschreibung usw. eingeht. Dieser Kurs ist auch kostenlos, wohingegen das an dem anderen College je nach Stundenzhal pro Woche bis zu 650 Pfund gekostet hätte. Und da die sowieso gesagt haben, dass es bei mir wenig zu "verbessern" gibt, habe ich mich also für den kostenlosen Kurs entschieden, auch weil das College nur 10 Minuten zu Fuß entfernt ist (das andere 15 Minuten Zugfahrt+insgesamt 20 Minuten Fußmarsch)...

    Die Familie ist auch super, ich fühle mich sehr sehr wohl und das Haus ist super groß...Und: Ich ernähre mich hier gesünder als in Deutschland, wer hätte das gedacht!!
    Liebe Grüße Anni

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